Das war der Y20-Gipfel 2019

Für das Deutsche Nationalkomitee für Internationale Jugendarbeit waren wir, Carolina Claus (Deutsche Sportjugend) und Felix Kaminski (Deutscher Bundesjugendring) als deutsche Vertreter*innen beim Y20. Dort haben wir mit Jugendlichen aus den anderen G20-Staaten an Politikempfehlungen für die G20 gearbeitet und eine gemeinsame Abschlusserklärung verfasst, welche den Staats- und Regierungschefs auf dem G20-Gipfel vorgelegt wird.

Was ist eigentlich der G20-Gipfel?

Beim G20-Gipfel kommen jedes Jahr die Staats- und Regierungschefs aus 19 bedeutenden Industrie- und Schwellenländern sowie Vertreter*innen der Europäischen Union zusammen, um über internationale Politik zu diskutieren und eine gemeinsame Abschlusserklärung zu verfassen. Zumeist geht es bei diesen Treffen um die internationale Wirtschaftspolitik und Handelsbeziehungen, aber auch Klimapolitik, Migration, Frauenrechte und Chancengleichheit sind Themen des G20-Gipfels. Die Themensetzung hängt immer von der jeweiligen Präsidentschaft der G20 statt – diese rotiert unter den Ländern. In ihrer diesjährigen G20 Präsidentschaft legt die japanische Regierung die Schwerpunkte auf die internationale Handels- und Umweltpolitik. Der diesjährige Gipfel findet am 28. und 29. Juni in der japanischen Stadt Osaka statt. Vor diesem Treffen stehen monatelange Vorbereitungen, Konsultationen und Vorverhandlungen.

Und was ist nun der Y20?

Der Y20-Gipfel, oder auch G20 Youth Summit genannt, ist eine offizielle Engagement Group der G20. Beim Y20 verhandeln jeweils zwei junge Vertreter*innen aus jedem G20 Staat über die Schwerpunktthemen des G20-Gipfels. Ziel ist es, Politikempfehlungen der Jugend für den regulären G20-Gipfel zu erarbeiten. Der Y20 findet immer im Land der Präsidentschaft statt – dieses Jahr vom 26.-31. Mai in Tokio.

Worum ging es denn in Tokio konkret?

Auf dem Y20-Summit haben wir mit jungen Menschen aus mehr als 22 weiteren Ländern (G20 Staaten + Gastländer) über unsere Standpunkte in drei übergeordneten Themenblöcken diskutiert:

  • Zukunft der Arbeit (Future of Work)
  • Unternehmen und Umwelt (Business and Environment)
  • Internationaler Handel (International Trade)

Je Themenblock wurden in der Abschlusserklärung drei Politikempfehlungen festgehalten. Als Basis der Politikempfehlungen dienten Vorschläge, die von den Y20-Delegierten der G20-Staaten im Vorfeld des Gipfels eingereicht wurden. Für jeden Themenblock umfasste der Prozess Podiumsdiskussionen mit Expert*innen, sowie anschließend mehrere Verhandlungsrunden, bei denen sich zunächst auf Unterkategorien und schließlich auf konkrete Politikempfehlungen geeinigt wurde. Während alle Delegierten an den Verhandlungen zur Zukunft der Arbeit teilgenommen haben, fanden die Diskussionen zu internationalem Handel und Unternehmen und Umwelt parallel statt, sodass jeweils nur eine Person pro Delegation mitverhandeln konnte. Für unsere Delegation hat Carolina an den Verhandlungen zum internationalen Handel und Felix an den Verhandlungen zu Unternehmen und Umwelt teilgenommen.

Da wir auf Jugendliche aus verschiedenen Weltregionen mit verschiedenen Sichtweisen und Hintergründen getroffen sind, war es nicht immer ganz einfach, gemeinsame Positionen zu finden. Zum Teil waren lange Verhandlungen bis tief in die Nacht notwendig, bis ein Kompromiss gefunden wurde. Trotz unterschiedlicher Auffassungen in einzelnen Fragen ist es uns gelungen, am Ende eine gemeinsame Abschlusserklärung zu verfassen, die alle Y20 Delegierten mittragen konnten.

Zukunft der Arbeit

In unseren vorab eingereichten Politikvorschlägen haben wir uns für einen „umfangreichen Arbeitnehmer*innenschutz und soziale Sicherungsmaßnahmen“ und für den „Zugang zu qualitativ hochwertiger Bildung für alle“ stark gemacht. Diese sind in der Abschlusserklärung in den Politikempfehlungen (I) und (II) wiederzufinden, wenngleich wir uns noch ein stärkeres Bekenntnis zur kostenfreien Bildung für alle gewünscht hätten.

Einigung bestand darin, dass (I) die Arbeitnehmer*innenrechte für alle Menschen geschützt sein müssen. So müssen zum einen Arbeitsverträge gleiche Bezahlung für gleichwertige Arbeit gewährleisten, zum anderen muss Arbeitnehmer*innenschutz insbesondere hinsichtlich bezahlter Elternzeit bestehen.

In den weiteren Diskussionen wurde auch (II) über den stetigen Wandel des Arbeitsmarktes gesprochen und die damit einhergehenden Veränderungen in der schulischen und beruflichen Ausbildung. Ergänzend zu bestehenden formalen und non-formalen Bildungsangeboten sollen sowohl online, als auch physisch Bildungsangebote ermöglichen, extra-curriculare Fort- und Ausbildungsangebote wahrzunehmen und somit lebenslanges Lernen zu fördern. Dies soll eingebettet in die Infrastruktur von Schulen, Universitäten oder anderen Bildungseinrichtungen geschehen.

Weiterhin sollen (III) die G20 Staaten durch ökonomische Anreize private Unternehmen dazu animieren, sinnvolle Praktika und Mentorenprogramme anzubieten, die jungen Menschen wirklich in der Entwicklung von Fähigkeiten helfen, anstatt sie auszubeuten.

Internationaler Handel

Der von uns als deutsche Delegation eingereichte Policy Vorschlag in diesem Bereich zu „Import und Export von Gütern, bei deren Herstellung die Einhaltung ökologischer Standards und der Kernarbeitsnormen der ILO berücksichtigt werden sollen“ ist in den Policy Empfehlungen sinnhaft in Unterpunkt (II) wiederzufinden.

Zum einen spricht sich der Y20 (I) zur Stärkung und Förderung des Multilateralismus im Rahmen der WTO aus. Weiterhin soll (II) „integrierte Berichterstattung“ genutzt werden, um nachhaltigen Handel zu gewährleisten und darüber hinaus alle Formen „moderner Sklaverei“ zu bekämpfen. In Handelsabkommen soll außerdem eine „Klausel für Nachhaltige Entwicklung“ verpflichtend eingeführt werden, um die Einhaltung von Mindeststandards, beispielsweise hinsichtlich der Menschenrechte, zu gewährleisten. Außerdem soll (III) die freie Datenübertragung gesichert werden und ein kohärenter Rahmen für die Sicherung von persönlichen Daten und Kundendaten geschaffen werden.

Unternehmen und Umwelt

Unser Vorschlag, externe Umweltkosten bei der Herstellung von Gütern angemessen zu bepreisen, um damit gegen die Klimakrise und gegen anhaltende Umweltverschmutzung vorzugehen, findet sich im ersten Unterpunkt (I) der Abschlusserklärung wieder.

So heißt es dort (I), dass wir durch „eine angemessene Bepreisung von Treibhausgasen einen Anreiz für die Reduktion von Emissionen“ erreichen wollen und Erneuerbare Energien systematisch stärken wollen. Außerdem heißt es in der Abschlusserklärung, dass (I) die Berichterstattung von Staaten und Unternehmen auf wissenschaftlich basierten Zielen, die die Klimakrise und andere planetaren Grenzen angemessen berücksichtigt, basieren muss und sie ihren Einfluss vollumfänglich offenlegen müssen. Im dritten Vorschlag (III) heißt es, dass die G20 Staaten die Unternehmen durch Regulierungen, die Verbote und ökonomische Anreize beinhalten können, dazu animieren sollen, auf Einwegprodukte zu verzichten und eine zirkuläre Wirtschaft aufzubauen.

Wie geht es weiter?

Am Ende des Y20 haben wir die Politikempfehlungen an Japans Premierminister Shinzo Abe, sowie an Politiker*innen aus dem Außen- und Bildungsministerium übergeben. Sie alle haben uns gegenüber zugesichert, dass unsere Abschlusserklärung bei den regulären G20 Verhandlungen berücksichtigt wird. In Deutschland treffen wir uns noch vor dem G20-Gipfel mit dem G20-Sherpa-Stab des Bundeskanzleramtes, um auch dort unsere Abschlusserklärung zu übergeben und dafür zu werben, dass unsere Politikempfehlungen durch die G20 umgesetzt werden.

Mit dem Deutschen Nationalkomitee für internationale Jugendarbeit werden wir danach die nächsten Schritte besprechen.

Fazit

Alles in allem zeigte sich, dass Jugendliche in den G20 Staaten sich mit ähnlichem politischen Problemen beschäftigen: Wie gestalten wir den gesellschaftlichen Wandel? Wie bekämpfen wir die Klimakrise? Wie stellen wir sicher, dass wir niemanden zurücklassen? Unsere Antworten auf diese Fragen waren nicht immer gleich, aber wir alle wollen uns dafür einsetzen, dass auch zukünftige Generationen und insbesondere Menschen aus dem globalen Süden gut auf diesem Planeten leben können.

Alle Delegationen fassen den stetigen gesellschaftlichen Wandel als globale Herausforderung auf. Gleichzeitig erkennen wir die vielfältigen Möglichkeiten, die dadurch geschaffen werden, an. Den jungen Menschen aus den G20 Staaten ist eine nachhaltige Gestaltung der Welt wichtig, weshalb die G20-Staaten dazu aufgefordert werden, zeitnah Maßnahmen zu ergreifen und Rahmenbedingungen zu schaffen, die die Klimakrise eindämmen und auch andere planetarische Belastungsgrenzen nicht ausreizen.

 

Die Abschlusserklärung könnt ihr hier herunterladen.