Sozialentwicklungs…bitte was?

Die virtuelle 59. Sozial-Entwicklungs-Kommission und das vierköpfige  Jugenddelegierten-Duo (Commission for Social Development, kurz: CSocD)!

“Die Sozialentwicklungs…bitte was hast du grade gesagt?”

“Na, die Sozial-Entwicklungs-Kommission! Die Ständige Vertretung in New York hat angefragt, ob Ihr spontan Lust und Zeit habt, bei dieser UN-Konferenz nächste Woche dabei zu sein”. Mit diesen ersten Sätzen begann unser Telefonat mit Eva und Paul, den anderen Jugenddelegierten, die  an der Generalversammlung und  der CSocD von den Vereinten Nationen teilnehmen. Normalerweise sind die zwei verschiedenen Jugenddelegierten-Programme und somit auch die Mandate für die jeweiligen Konferenzen klar aufgeteilt; das digitale Format machte es jedoch möglich, spontan die deutsche Regierungsdelegation um zwei (kluge und junge) Köpfe zu erweitern – uns beiden. Überrascht und voller Vorfreude teilten wir den beiden mit, dass wir uns über die Einladung freuen und gerne an der CSocD teilnehmen würden. Das Telefonat fand übrigens gegen 10 Uhr abends statt und hat uns daher gewissermaßen überrumpelt. Manchmal kann das Leben als  (digitale*r) Jugenddelegierte*r doch auch aufregend sein. 

 

Gesagt, getan: 

Nach Absprachen mit den zuständigen Ministerien wurden wir als offizielle Delegationsmitglieder eingetragen und ein sogenannter e-Delegate-Zugang für uns eingerichtet. Dieser e-Delegate-Zugang erlaubte uns, durch eine UN eigene Plattform mit nur wenigen Mausklicken an den Meetings der CSocD teilzunehmen – und das alles aus unseren WG Zimmern heraus. Manchmal hat das virtuelle Tagen eben doch seine Vorteile.

 

Aber was ist denn nun diese besagte CSoCD, die für ein paar Wochen viel zu häufig auf unseren social media Kanälen erwähnt wurde?

Die Kommission für Soziale Entwicklung ist ein Fachausschuss des  Wirtschafts- und Sozialrates der UN, dem aktuell 46 Mitglieder beiwohnen. Die teilnehmenden Länder werden durch den Wirtschafts- und Sozialrat alle vier Jahre neu festgelegt. Deutschland ist seit 1997 ununterbrochen Teil der CSocD. Im Mittelpunkt der CSocD steht die soziale Entwicklung (Überraschung!). Im Konkreten bedeutet das, dass sich dort mit Themen wie soziale Inklusion, Integration, Armut, sozialer Schutz, Stigmatisierung, Stereotypisierung uvm. auseinander gesetzt wird. In diesem Jahr stand die sozial gerechte Digitalisierung im Vordergrund.

 

Und was macht mensch da so?

Zunächst einmal haben wir sehr eng mit Eva und Paul zusammengearbeitet. Die beiden trugen nach wie vor die Hauptverantwortung als Jugenddelegierte bei der deutschen Delegation und haben uns in fast täglichen Calls erklärt, was genau unsere Aufgaben bei der CSocD sein werden. An dieser Stelle ein großes Dankeschön an Eva und Paul für die super Vorbereitung und überhaupt für die Möglichkeit, als Jugenddelegierten- Quartett aufzutreten!

Neben den internen Besprechungen zwischen uns Vieren haben wir uns mit dem Jugendministerium (BMFSFJ) ausgetauscht, an sogenannten “Side-Events”. Das sind externe Veranstaltungen, die ein konkretes Thema behandeln, an denen Regierungsvertretende und Interessierte teilnehmen, um sich von der Zivilgesellschaft/NGOs sensibilisieren zu lassen.  Außerdem haben wir gemeinsam mit Paul und Eva an einer Rede geschrieben, in der wir die Wichtigkeit der SDGs bei einer sozial-gerechten Digitalisierung hervorgehoben haben. Die Rede wurde von Eva und Paul im Vorhinein als Teil des offiziellen deutschen Statements aufgezeichnet. Anerkennen möchten wir hier, dass die Redezeit der beiden genauso lang war, wie die Redezeit der Regierungsvertretung ; Das nennen wir gelungene Jugendpartizipation – immerhin in der Redezeit! Ebenfalls partizipativ gestaltete sich der Prozess der Verhandlungen rund um die Jugend-Resolution. Hier konnten wir die Entwürfe der Resolution kommentieren und tatsächlich wurden die Anmerkungen unsererseits von der deutschen Diplomatin in den Verhandlungen übernommen. Spannend war deshalb auch, an eben diesen Resolutionsverhandlungen teilnehmen zu können und zu sehen, wie eigentlich die Profi-Diplomat*innen untereinander verhandeln. Und eins sei gesagt: Länder-Allianzen, Streitigkeiten zwischen Israel und Palästina sowie erzkonservative Ansichten des russischen Diplomaten blieben uns nicht verborgen. Außerdem haben wir zu viert ein Schicht-System etabliert. Das Wort “Schicht” ist hier ganz passend, da aufgrund der Zeitverschiebung mit New York einige Verhandlungen und Konferenzen tief in die deutschen Nächte hinein veranstaltet wurden. So kam es, dass jede*r von uns mal eine Nachtschicht übernahm, um aufmerksam teilzunehmen und fleißig zu protokollieren, was in den Meetings besprochen wurde. Diese Eindrücke konnten wir dann am Ende der CSoCD in die Diplomatische Korrespondenz, also den Abschlussbericht der Ständigen deutschen Vertretung (kurz: StäV) in New York mit einfließen lassen.

 

Was bleibt?

Nach diesen aufregenden zwei Wochen in digitalen Konferenzräumen der UN nehmen wir viele Erkenntnisse und Eindrücke mit: Häufig sind sich die Diplomat*innen darüber einig, wie eine sozial-gerechte Welt aussehen kann und muss, jedoch tut sich in der Realität eine riesige Kluft zwischen dem Gesagten und der tatsächlichen Umsetzung auf; gute und strukturelle Jugendbeteiligung auf UN-Ebene ist möglich (!), aber bisher lassen einfach nur viel zu wenig Staaten junge Menschen bei Reden, Resolutionen und Verhandlungen mitwirken; und das Wichtigste: Gemeinsam kämpft es sich besser! Die Zusammenarbeit mit Eva und Paul war unglaublich bereichernd, interessant und zu guter Letzt auch amüsant und erheiternd. 

An dieser Stelle möchten wir uns deshalb bei Eva und Paul, der Ständigen Vertretung, dem Umweltministerium (BMU), dem Jugendministerium (BMFSFJ), dem Deutschen Nationalkomitee für internationale Jugendarbeit (DNK), der deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen (DGVN) und dem deutschen Bundesjugendring (DBJR) für die einmalige Gelegenheit ganz herzlich bedanken!