Diese UN Umweltversammlung wird von vielen Anwesenden als die ehrgeizigste Umweltversammlung seit vielen Jahren gelobt. Als UN Jugenddelegierte und Teil der deutschen Delegation hatten wir die Chance bei der diesjährigen UNEA mit dabei zu sein. Die “United Nations Environmental Assembly” ist die Umweltkonferenz der Vereinten Nationen. Seit sie 2014 das erste mal ausgetragen wurde findet sie normalerweise alle zwei Jahre in Nairobi, Kenia statt. Dass die Konferenz jedes Mal dort stattfindet hat einen Grund: denn in Nairobi sitzt UNEP (das Umweltprogramm der Vereinten Nationen).
Die diesjährige UNEA ist aufgrund der pandemischen Situation etwas ganz besonderes. Eigentlich hätte sie letztes Jahr stattfinden soll, doch wegen der pandemischen Situation tagte sie erst dieses Jahr vom 28. Februar bis zum 2. März 2022 im Hybridformat. Gleichzeitig wird UNEP dieses Jahr fünfzig Jahre alt und hat dieses Jubiläum am 3. und 4. März mit dem Event UNEP@50 gefeiert. Dabei wurde viel über die Rolle des UN Umweltprogramms in den nächsten Jahren gesprochen und wie man dessen Rolle stärken kann. Auch die Geburtstagsparty wurde aufgrund der andauernden Corona Pandemie hybrid ausgetragen. Wir konnten analog in Nairobi teilnehmen. Dieses Jahr gab es erstmalig die Youth Environment Assembly, an der ca. 80 junge Menschen aus verschiedensten Regionen und Ländern teilgenommen haben. Auch hier waren wir mit dabei.
Die Verhandlungswoche vor der UNEA
Fabian ist schon am 17. Februar in Nairobi angekommen, pünktlich zum Start der Verhandlungen. Diese starten noch vor Beginn der UNEA und es treffen sich Mitgliedsstaaten um die zuvor vorgeschlagenen Resolutionen zu verhandeln. Auch die Zivilgesellschaft kann sich engagieren, zum Beispiel durch Redebeiträge, hat aber kein Stimmrecht.
Die einzelnen Resolutionen wurden in verschiedene thematische Gruppen eingeteilt, sogenannte Cluster. Zuvor hatten Mitgliedsstaaten die Chance Resolutionen einzureichen, also Anträge für das zukünftige Vorgehen oder notwendige Änderungen in der internationalen Umweltpolitik. Fabian hat sich mit anderen jungen Menschen in Cluster 5 engagiert und zu einer Resolution gearbeitet die sich mit dem “Global Environment Outlook” beschäftigt. Dieser ist eine Zusammenfassung der Ergebnisse der Umwelt- und Naturschutzwissenschaften. Durch viele Gespräche und Lobbyarbeit haben Fabian und seine Mitstreiter*innen es tatsächlich geschafft zwei Forderungen wortwörtlich in die Resolution einzubringen: einmal dass junge Wissenschaftler*innen stärker in die Erstellung des Reports eingebunden werden und weiter, dass die Kommunikation des Reports auf junge Menschen ausgelegt wird. Ein super Erfolg für junge Menschen in der Wissenschaft und Wissenschaftskommunikation. Leider kam ich aufgrund meiner vorherigen Corona Infektion erst gegen Ender der Verhandlungswoche in Nairobi an und konnte Fabian zuvor nur online unterstützen. Ich bin sehr dankbar, dass am Ende dann doch alles so spontan geklappt hat und ich einige Tage nach ihm in Nairobi angekommen bin.
Als die UNEA dann am 28. Februar offiziell gestartet ist waren schon viel mehr Menschen auf dem UNEP Gelände als noch eine Woche zuvor, zu Beginn der “Verhandlungswoche”. Mit so vielen Menschen aus verschiedensten Ländern auf so engem Raum zusammenzuarbeiten war für uns eine total eindrückliche und wertvolle Erfahrung. Wir haben nicht nur zum ersten Mal den europäischen Kontinent verlassen, sondern das erste Mal analog an einer UN Konferenz teilgenommen. Die Konferenzen an denen Fabian und meine Vorgängerin Sophia letztes Jahr mitgewirkt haben, fanden aufgrund der Pandemie online statt.
Unsere Tätigkeiten und Termine während der UNEA und UNEP@50
Fabian und ich haben während der UNEA viele Gespräche geführt, mit Mitgliedern unserer eigenen Delegation, Vertreter*innen der Zivilgesellschaft und anderen jungen Teilnehmenden. Wir hatten am Ende der Konferenzen sogar die Chance Steffi Lemke, unsere Umweltministerin, die für die UNEA und UNEP@50 nach Nairobi gereist war, zu treffen und uns mit ihr auszutauschen. Dabei hat sich Frau Lemke trotz eines straffen Zeitplans Zeit für unsere Eindrücke und Forderungen genommen. In dem Gespräch haben wir versucht, die Wichtigkeit der Einbindung junger Menschen in die deutsche Umwelt- und Nachhaltigkeitspolitik zu betonen.
Auch außerhalb des UNEP Geländes hatten wir Termine und konnten so z.B mit Schüler*innen an einer deutschen Schule über die SDG’s sprechen. Auch ein Projekt von jungen Menschen die in Kibera, einem großen Slum Nairobis, zuhause sind konnten wir besuchen. Die Gruppe versucht das Slum vom Müll zu befreien in dem sie diesen bei den Einwohner*innen zuhause abholt und entsorgt. Ihr Hauptquartier hat die Gruppe aus alten Flaschen gebaut. Wir waren fasziniert von ihrer Arbeit und sehr dankbar, dass wir ihnen bei einem ihrer Einsätze zur Hand gehen durften.
Am letzten Tag von UNEP@50 bin ich früh aufgestanden um an einem 10km Lauf zu Ehren UNEPs teilzunehmen. Im wunderschönen Wald in der Nähe des UNEP Geländes, wurden nachdem wir alle im Ziel waren, Reden darüber gehalten, wie abhängig die Möglichkeit Sport zu treiben von unserer Umwelt ist.
Außerdem haben Fabian und ich einen Auftritt junger Menschen mit ihren Forderungen für mehr Jugendbeteiligung, auf einem der größten Side Events der diesjährigen UNEA, organisiert. Dieses wurde von Rwanda, Peru und Deutschland geplant und hat sich mit dem Umgang mit dem Problem der Plastikverschmutzung beschäftigt. Side Events können übrigens von Mitgliedsstaaten oder Vertreter*innen der Zivilgesellschaft, z.B. NGOs, organisiert werden.
Die “Plastikresolution” und der Weg zu einem völkerrechtlich bindenden Abkommen
Es gab auch eine Resolution die sich mit dem Thema der Plastikverschmutzung beschäftigt hat. Wir haben natürlich versucht an so vielen Verhandlungen wie möglich teilzunehmen, gerade weil diese Resolution eine so zentrale Rolle in der diesjährigen UNEA gespielt hat. Vor dem Beginn der Verhandlungswoche gab es drei verschiedene Resolutionen zum Thema Plastik. Die Resolution von Japan und die von Rwanda/Peru haben ein verbindliches Abkommen gegen die Plastikflut gefordert. Indiens Resolution hingegen hat sich für freiwillige Maßnahmen ausgesprochen. Ziemlich schnell wurden die beiden Resolutionen, die ein verpflichtendes Abkommen gefordert haben, zu einer zusammengelegt. In langen Verhandlungen, die teilweise bis tief in die Nacht dauerten, hat man dann versucht kleinere Ungereimtheiten auszuräumen und Indien für ein völkerrechtlich bindendes Abkommen zu gewinnen. Mit allen Resolutionen ist es wirklich bis zum Ende spannend geblieben.
Erst beim Abschlussplenum der UNEA wurde über deren Schicksal entschieden. Ich hatte die Chance im Verhandlungsraum auf einem der für Deutschland reservierten Plätze zu sitzen. Das ist aufgrund der Pandemie leider gar nicht selbstverständlich, die Sitze pro Mitgliedsstaat waren streng reguliert und Deutschland ist mit einer großen Delegation angereist.
Die Stimmung in dem Raum war total geladen. So viele Menschen haben sehr viel Arbeit in den Verhandlungsprozess gesteckt und sich unermüdlich für ein solches Ankommen eingesetzt. Die Verhandlungen auf den Konferenzen sind aber nur die Spitze des Eisberges, denn die Arbeit die im Hintergrund passiert reicht mehrere Jahre zurück und hat eine Grundlage geschaffen auf der Verhandlungen erst möglich waren. An der Entscheidung hing also wirklich viel Arbeit und riesige Hoffnungen.
Der Präsident hat bei jeder Resolution nach Einsprüchen gefragt. Wirklich abgestimmt wird bei der UNEA nicht, vielmehr wird um Konsens gerungen. An diesem Tag wurden viele wichtige Natur- und Umweltschutz Resolutionen zu verschiedenen Themen verabschiedet. Die Plastikresolution wurde ganz zuletzt abgestimmt und als der Präsident dieses mal nach Einsprüchen gefragt hat konnte man die Anspannung förmlich riechen. Als es keine Einsprüche gab sind alle aufgestanden, haben geklatscht, sich umarmt. Danach wurden Reden gehalten in denen immer wieder betont wurde dass die echte Arbeit erst jetzt losginge und es eine ambitionierte Umsetzung bräuchte. Die Garantie, dass dieses Abkommen ausgearbeitet wird ist einer der Hauptgründe weshalb diese UNEA als die erfolgreichste seit langem gilt. Auch viele andere Resolutionen gelten als ambitionierte Wegweiser und Grundlagen für eine nachhaltige Umwelt. Trotz dieser Erfolge wurden die gesamten Verhandlungen von Putins Angriffskrieg auf die Ukraine überschattet. Die Sprecher der russischen Delegation haben keine Gelegenheit ausgelassen Lügen und Propaganda über ihr Nachbarland, die Ukraine, zu verbreiten.
Das hat zu Solidaritätsbekundungen von vielen Ländern, auch der EU, geführt. Als man sich die Hasstiraden der russischen Sprecher nicht mehr länger anhören wollte sind viele Länder dazu übergegangen den Plenarsaal zu verlassen, wenn der russische Sprecher erneut über dieses Thema sprach. Fabian und ich hatten die Chance mit einem Mitglied der ukrainisches Delegation zu sprechen. Er meinte dass wir nicht aufhören sollen uns mit seinem Land zu solidarisieren, da dies der ukrainisches Bevölkerung Kraft gäbe.
Dass trotz dieses schrecklichen Krieges und seiner Auswirkungen so viele wichtige Resolutionen verabschiedet wurden, beweist dass der Multilateralismus und diplomatische Gespräche auch in Krisenzeiten funktionieren können und das macht Hoffnung.